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Analyse 02.09.2017

Einfach erklärt: Gruppenzwang

Bei Entscheidungen richten wir uns oft nach dem, was wir für den Standpunkt der Mehrheit halten. Das ist der Konformitätseffekt, auch bekannt als Gruppenzwang. Dieser Effekt kann lustig, aber auch gefährlich sein. Und er kann unsere Wahlentscheidung beeinflussen.

Warum folgen Menschen in einer Gruppe der Ansicht der Mehrheit, selbst wenn diese Ansicht nachweislich falsch oder teilweise sogar selbstzerstörerisch ist?

Die Antwort auf diese Frage klingt fast schon banal: Jeder möchte irgendwo dazu gehören oder von jemand anderem gemocht werden.

Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe erreichen wir über Anpassung. Durch diese Anpassung sichern wir unseren sozialen Status oder verbessern ihn.

Doch damit nicht genug: Der Konformitätseffekt kann sich damit selbst bestärken, denn mehr Zustimmung verspricht größere Beliebtheit. Das betrifft Meinungen, Haltungen, Aussagen und Entscheidungen. Betrifft es auch Wahlentscheidungen? Betrifft es auch dich?

Lieber falsch liegen, als alleine sein

In den 60er Jahren hat der Psychologe Salomon Asch die Effekte von Konformität erforscht. Er hat dazu eine Gruppe von Eingeweihten und einen nichts ahnenden Probanden gemeinsam an einen Tisch gesetzt. Anschließend zeigte er allen TeilnehmerInnen Karten mit einer Beispiellinie sowie drei unterschiedlichen langen Vergleichslinien.

Die TeilnehmerInnen sollten nun sagen, welche der Vergleichslininen dieselbe Länge wie die Beispiellinie hat. Die Eingeweihten gaben daraufhin alle dieselbe, aber absichtlich eine falsche Antwort. Und schon setzt der Konformitätseffekt ein: Denn auch die Testpersonen schließt sich früher oder später der Mehrheit an – gegen die offensichtlich richtige Antwort, jedoch für die Meinung der Gruppe.

Es brennt und keiner ruft die Feuerwehr

Einen anderen Versuchsaufbau verfolgten Darley und Latané. Sie setzten Personen in einem Raum, der sich mit Rauch füllt und in dem plötzlich ein Warnsignal ertönt. Waren die Personen alleine, dauerte es im Durchschnitt zwei Minuten bis sie Hilfe holten.

Dann wurden Schauspieler in den Raum gesetzt, die den Rauch alle ignorierten. Die Testpersonen warteten nun teils 20 Minuten und mussten schließlich aktiv aufgefordert werden, den Raum zu verlassen. Wäre der Rauch echt gewesen - sie wären in der Zeit der Tatenlosigkeit gestorben.

Diese Anpassung an eine Gruppe ist ein natürliches Verhalten. Wer sich des Effekts bewusst ist, kann damit jedoch differenzierter umgehen. Das Wissen um den Gruppenzwang hilft nämlich auch, mehr Vertrauen in unsere eigene Wahrnehmung zu haben und im Zweifel Standpunkte entgegen der Mehrheitsmeinung zu vertreten.

Schaut den Film “Die Welle”

Die Auswirkungen des Herdentriebs gibt es auch in unterhaltsamerer Form. Der Film "Die Welle" (im Original von 1981 oder im Remake von 2008) basiert auf dem Experiment “The Third Wave”, das der Geschichtslehrer Ron Jones 1967 erstmals durchgeführt hat. In dem Experiment demonstrierte Jones den SchülerInnen am eigenen Leib, wie der Nationalsozialismus im frühen 20. Jahrhundert in Deutschland Fuß fassen konnte.

Den eigenen Standpunkt zu vertreten, wenn dieser von einer Mehrheit in Frage gestellt wird, ist also gar nicht so einfach. Ob diese Mehrheit tatsächlich existiert oder wir das so nur empfinden, spielt dabei keine Rolle.

Wenn RechtspopulistInnen jedoch so tun, als würden sie “für das Volk” sprechen, wird es kritisch. Denn damit buhlen sie um Aufmerksamkeit für die menschenverachtenden Parolen von Höcke, Gauland oder Weidel. Es gibt sicherlich Menschen, die dieses Gedankengut tatsächlich teilen. Das eigentliche Problem ist aber noch größer: Denn RechtspopulistInnen versuchen die Sorgen von Menschen auszunutzen, die sich alleine gelassen fühlen. Genau hier liegt auch die Gefahr des faulen Zaubers der AfD.

Und aus diesen Gründen liegt es an uns aufzustehen und den Mund aufzumachen. Darum engagieren wir uns bei K5: Mit radikaler Höflichkeit treten wir rechtspopulistischen Parolen entgegen und bekennen Haltung statt Hetze.

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