
Gesprächstipps und Argumentationsleitfäden
Wie verhältst du dich, wenn dein Onkel gegen Geflüchtete hetzt? Wie, wenn deine Kollegin ständig von der Lügenpresse und dem Brüsseler Sumpf spricht? Wir haben für Dich Tipps und Tricks im Umgang mit Rechtpopulismus aufgeschrieben.
Warum glauben wir, dass persönliche Gespräche so wichtig sind?
Jede rechtspopulistische Aussage, der nicht widersprochen wird, verstärkt den Eindruck, dass wir diese Aussagen akzeptieren oder ihnen zustimmen. So werden Menschen- und Demokratiefeindlichkeit normalisiert, marginalisierte Gruppen gefährdet und Vertrauen in solidarisches Miteinander und politische Zukunftsfähigkeit zerstört.
Wir sind überzeugt, dass jede*r Einzelne die Möglichkeit hat, diesen Aussagen entgegenzutreten und Menschen im persönlichen Umfeld davon überzeugen kann, ihre Position zu überdenken und als letzten Schluss ihr Kreuz bei einer demokratischen Partei zu machen.
Unser Ansatz für diese Gespräche: Radikale Höflichkeit! Das bedeutet, Diskussionen sachlich und respektvoll zu führen und gleichzeitig Hass und Ausgrenzung aktiv entgegenzutreten. Es geht also nicht darum, um jeden Preis ‘mit Rechten zu reden’ – sondern um differenzierte und entschiedene Gegenrede, um konstruktiven Streit für demokratische Werte.
5 Tipps für radikal höfliche Gespräche
Rechtspopulistische Ansichten, Parolen und Vorurteile begegnen dir im Alltag an ganz unterschiedlichen Orten: In der S-Bahn ebenso wie in der Kantine, auf einer Familienfeier genauso wie auf einer Party. Nicht selten lösen Sprüche wie „Die etablierten Parteien arbeiten doch alle gegen das Volk!“ oder „Der Islam passt einfach nicht nach Europa!“ erstmal Sprachlosigkeit aus. Aus unserer Erfahrung sind die folgenden fünf Tipps in vielen Alltagssituationen hilfreich:
Versuche, so sachlich, höflich, präzise und souverän zu bleiben, wie möglich.
Rechtspopulist*innen provozieren gerne. Doch wenn du dich provozieren lässt, verlässt du die sachliche Ebene und das spielt den Rechtspopulist*innen in die Hände. Lass dich nicht auf die Debatte ein, deine Kritik schränke die Meinungsfreiheit des Gegenübers ein (warum, das beschreiben wir hier). Kritisiere sachlich den Inhalt und die Form der Aussagen. Sprich mit ruhiger Stimme und in einem normalen Tempo. So strahlst du Gelassenheit aus. Das wirkt viel überzeugender, als moralische Entrüstung und wütende Zurückweisung – auch wenn das deine nachvollziehbaren Impulse sein sollten.
Rechtspopulistische Parolen beinhalten Verallgemeinerungen, Übertreibungen und Verzerrungen (z.B. den vermeintlichen Gegensatz zwischen “Deutschland” und “dem Islam”). Deshalb ist es schwer, mit allgemeinen Thesen dagegen zu halten. Eine Aussage wie “So kann man das doch nicht sehen” ist nämlich nicht konkret genug.
Anschauliche Gegenbeispiele, die du vielleicht selbst bezeugen kannst, helfen dagegen sehr (zur Inspiration entwickeln wir dazu unsere inhaltlichen Leitfäden). So machst du deutlich, dass die Dinge komplexer sind, als behauptet. Um konkret zu werden, kannst du dein Gegenüber auch auf ihre/seine Annahmen ansprechen. Denn Fragen wie “Wovon gehst du aus?” und “Worauf kommt es dir an?” zwingen dein Gegenüber dazu, sich zu einer Position zu bekennen.
Überzeugte RechtspopulistInnen haben zu allem eine Meinung und werfen gerne alles in einen Topf: Europa, Islam, demographischer Wandel, Migration, Terrorismus, Geschlechterbeziehungen, Medien etc..
Lasse dich von dieser Flut an Themen und Thesen aber nicht treiben. Dein Gegenüber will damit nur von Widersprüchen in der eigenen Argumentation ablenken. Werde deshalb selbst aktiv und weise auf diese Widersprüche hin. Beharre darauf, über ein Thema ausführlich und konkret zu sprechen und nagele dein Gegenüber auf dem fest, was er oder sie sagt.
Rechtspopulist*innen sind oftmals gute Verschwörungstheoretiker*innen. Deshalb ist es wichtig, dass du ihre Behauptungen, ihre Quellen, ihre Überzeugungen und Vermutungen in Frage stellst. Das heißt nicht, dass ihr euch Statistiken um die Ohren hauen solltet. Das könnte damit enden, dass du plötzlich in eine Belegpflicht gerätst, die du nicht erfüllen kannst. Aber die Seriosität von Informationen zu hinterfragen, ist sehr wichtig. So entlarvst du Stimmungsmache durch Fehlinformationen.
Im Eifer des Gefechts werden wir alle manchmal ungenau und gleichen uns in der Sprache unserem Gegenüber an. Doch Vorsicht: Das trägt dazu bei, Vorurteile zu bestätigen. Es ist deshalb keine Haarspalterei, sondern ein entscheidender Unterschied, ob man von “Wirtschaftsflüchtlingen” spricht oder von “Menschen, die aus ökonomischen Gründen migrieren”.
Dabei gilt grundsätzlich: Du musst deine Wortwahl nicht erklären und kannst sie deinem Gegenüber wahrscheinlich auch nicht aufzwingen. Aber du machst damit deutlich, dass du der rechtspopulistischen Logik nicht folgst. In manchen Fällen kann eine Diskussion über Begriffe auch sehr fruchtbar sein. Frag zum Beispiel nach, was und wen dein Gegenüber eigentlich mit “Wirtschaftsflüchtling” meint. Wie bei Regel zwei geht es auch hier um etwas konkretes - einen Begriff und die ihm zugrunde liegenden Annahmen.
Wie überzeugt und selbstbewusst ist dein Gegenüber?
Es macht einen großen Unterschied, mit wem du sprichst.
- Findet dein Gegenüber manches zwar richtig, was die AfD anspricht, aber hat gleichzeitig viele Zweifel? Dann solltest du ruhig und zugewandt reagieren. Sei auf Austausch und Verständigung hin orientiert.
- Ist dein Gegenüber eine selbstbewusste, überzeugte und sprachgewandte Person? Dann ist es besonders wichtig, dass du im Ton und in der Sache fokussiert bleibst und dich an Fakten orientierst. Je provokanter dein Gegenüber auftritt, desto mehr helfen Sachlichkeit und vielleicht auch mal ein bisschen Ironie.
- Du kannst allerdings auch in Diskussionen mit ideologisierten Menschenfeinden geraten. Dann sei dir bewusst: Diese wirst du nicht überzeugen. Hier geht es darum, Grenzen zu setzen. Benenne Rechtsbrüche als solche und brich ein Gespräch ab, bei dem du merkst, dass du argumentativ nicht weiter kommst.
Was in den jeweiligen Situationen gut funktioniert haben wir dir in unseren Gesprächsleitfäden zusammengestellt:
Rechtspopulistische Sprache erkennen
Gendergaga, Klimahysterie oder Impfdiktatur - rechtspopulistische Aussagen nutzen häufig bestimmte Begriffe und nutzen bestimmte Argumentationsstrategien. Welche das sind und wie du auf die Einzelnen reagieren kannst, haben wir dir in sieben verschiedenen Leitfäden zusammengestellt. Viel Spaß beim Lesen und druck sie gerne aus und verteil sie an deine Freund*innen und Familienmitglieder.
Du willst tiefer einsteigen?
Unsere Tipps haben wir in zwei Büchern ausführliche beschrieben und zusammengefasst und wenn du Lust hast dich dem Thema eher spielerisch zu nähern, dann schau dir doch unser Kartenspiel einmal an. Für Vereine und Organisationen bieten wir außerdem Workshops zum Umgang mit rechtspopulistischen Aussagen an.